Niemand beschäftigt sich gern mit dem eigenen Tod oder der Möglichkeit, plötzlich nahe Angehörige zu verlieren. Doch diese Verdrängung kann Leben kosten. Mathias Reyher, Organspende-Beauftragter am Schwarzwald-Baar-Klinikum, warb am Dienstag, 18.Februar vor Schülerinnen und Schülern der Kursstufe 1 dafür, sich allen inneren Widerständen zum Trotz mit diesem angstbehafteten Thema auseinanderzusetzen. „Die Entscheidung, die man zu dem Umgang mit dem eigenen Körper nach seinem Tod trifft, kann nicht richtig oder falsch sein – wichtig ist vor allem, dass man sie beizeiten trifft, denn jeder und jede von uns kann jederzeit betroffen sein.“ Und im schlimmsten Fall belaste man mit der fehlenden eigenen Stellungnahme dann auch noch seine Angehörigen, die zusätzlich zu Schock und akuter Trauer entscheiden müssten, was mit dem Körper ihres Kindes, ihres Partners, ihrer Mutter geschehen solle. Reyhers Appell war klar: „Entscheide dich! Damit es nicht andere für dich tun müssen.“
Reyher erläuterte die Möglichkeiten, die eigene Entscheidung zum Thema Organspende sichtbar zu machen: Neben dem analogen Organspendeausweis und der Patientenverfügung sowie der mündlichen Information der Angehörigen gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit, seinen Willen im Organspende-Register digital zu hinterlegen – perspektivisch ist das ein klarer Vorteil im Notfall, denn obwohl mittlerweile von einer Quote von Organspende-Ausweisbesitzern von ca. 40 Prozent ausgegangen wird, haben nur 0,8 Prozent der Patienten im Schockraum ihren Organspendeausweis tatsächlich auch dabei.
Reyher beleuchtete die medizinischen und gesetzlichen Regelungen für die Organspende. Kritisch beleuchtete Reyer die in Deutschland geltende Zustimmungslösung, die im Gegensatz zur Widerspruchslösung nicht nur einen wesentlich geringeren Prozentsatz an Organspendern, sondern auch absurde Situationen für die potentiellen Organspender mit sich bringt, je nachdem, wo im In- oder Ausland sie sich gerade aufhalten. „Gerade auch wenn man gegen eine Organentnahme ist, sollte man sich dringend entscheiden – denn ansonsten wird man schon beim Urlaub auch in EU-Nachbarländern nach dort geltendem Recht behandelt: Und das ist bei fast allen Ländern Europas die Widerspruchslösung: Das heißt, ohne expliziten Widerspruch gilt man als Organspender.“
Sehr emotional bewegend war der Einblick in eine Abschiedszeremonie für einen jungen Organspender, wie sie in den USA bereits heute durchgeführt und in abgewandelter Form auch hier am Schwarzwald-Baar-Klinikum praktiziert wird. Die lebhaften Fragen im Anschluss zeigten, dass unsere K1er sich auf das schwierige Thema einließen und so war auch der große Stapel Organspendeausweise nahezu aufgebraucht, nachdem die Schülerinnen und Schüler den Raum verlassen hatten.
Die Ablehnung der Organspende ist ab dem 14. Lebensjahr, die Zustimmung ab dem 16. Lebensjahr möglich.